Wasserburg Rosslau |
Die Wasserburg Roßlau wurde Ende des 12. Jahrhunderts auf den Resten einer slawischen Siedlungsburg errichtet. Sie wurde als Niederungsburg mit 3 Wassergräben konzipiert und bestand ursprünglich aus nur einem Wohnturm. 1348 kam die Burg in den Besitz der Fürsten von Anhalt und wurde bis ins 16. Jh. ausgebaut. Die Fürstenfamilie zog ab der Mitte des 17. Jhd. von Rosslau in die Residenzstadt Zerbst. 1740 errichtete Johann August, Landesfürst von Anhalt-Zerbst, neben der Burg ein Jagdschloss, das er durch eine Brücke mit der Burg verband. Fürst Heinrich von Anhalt-Köthen renovierte die Burg von 1836-1838.Die Burg ging 1847 in den Besitz der Herzöge von Anhalt-Dessau über, nachdem 1793 die Fürstenlinie Anhalt-Zerbst und 1847 die Fürstenlinie Anhalt-Köthen ausstarben. Als die Herzöge Mitte des 19. Jahrhunderts das Interesse an der Burg verloren, wurde die Burg unterschiedlich genutzt. In den 20er Jahren des 20.Jhd. wurden in die Burg mehrere Wohnungen eingebaut, auch das Schloß wurde so umfunktioniert. So diente Sie zeitweise als Revierförsterei, zu Wohnzwecken und auch eine Zeit lang als Sitz des Grundbuch- und Katasteramtes. Seit Ende der 80er Jahre des 20. Jhds. ist die Burg nicht mehr bewohnt.
Von den umfangreichen Umbaumaßnahmen in der Geschichte der Burg, welche die Statik des Bauwerkes mitunter stark verändert haben können, existieren keinerlei exakte Baupläne. Der im Frühjahr 1999 gegründete Förderverein setzt sich für den Erhalt sowie die weitere Nutzung der Burg aktiv ein und benötigt ein dreidimensionales Modell der Burg, um die für eine Restauration wichtigen Baupläne in Form von Grundriss- und Schnittzeichnungen daraus ableiten zu können.
Im Rahmen einer Projektarbeit, aus der sich die Diplomarbeit "Terrestrisch-photogrammetrische Vermessung der Außenhülle der Wasserburg Roßlau und 3D-Darstellung der Ergebnisse" entwickelte (M. Kühne, A. Spors; SS 2002), wurde die Vermessung und Konstruktion der Außenhülle der Wasserburg Rosslau durchgeführt. Daran anschließend wurden die Innenräume vermessen, durch Mitarbeiter des AG konstruiert und in die Außenhülle eingepasst. Momentan laufen Arbeiten zur Erzeugung von Grundriss- und Schnittzeichnungen.
Zur fotografischen Aufnahme der Burg stand die
Mittelformatkamera Rollei 6006 zur
Verfügung. Sie basiert auf der bewährten
Spiegelreflextechnik und besitzt einen Mattscheibensucher. Als
Aufnahmemedium dienten handelsübliche
12-Bild-Mittelformatrollfilme (ASA 200 und ASA 100), die in einem separaten Filmmagazin
untergebracht waren. Die Belichtungsmessung erfolgt wahlweise
automatisch oder manuell durch das Objektiv hindurch. Bei der
automatischen Belichtungsmessung wird bei vorgegebener
Belichtungszeit die Blende automatisch so reguliert, dass der Film
optimal belichtet wird. Die von uns verwendete Kamera besitzt ein
Objektiv mit der Brennweite 40 mm, was auch gleichzeitig
annähernd der Kamerakonstante (40,21mm) entspricht. Für
die photogrammetrische Anwendung wurde die Kamera werkseitig mit
Réseaukreuzen ausgerüstet. Diese sind in 11 Zeilen und
Spalten auf eine Glasplatte aufgebracht, die sich kontaktlos
50µm vor dem Film befindet. Die Sollkoordinaten der Kreuze im
Bild werden von Rollei bei der Herstellung durch Kalibrierung
bestimmt und liegen mit einer Genauigkeit von 1µm vor. Neben
der Kamera wird noch ein Messstativ mit einem in der Hochschule
für diese Zwecke gefertigten Steckzapfen benutzt, so dass die
Kamera am Dreifuß befestigt werden kann.
Bei der Wahl der Kamerastandpunkte spielen mehrere Faktoren eine
wichtige Rolle. Für eine photogrammetrischen
Mehrbildauswertung wurden optimiert:
Den Rahmen für die Vermessung der Burg Rosslau bildete ein
lokales Koordinatensystem. Durch einen geschlossenen Polygonzug
und anschließendes Nivellement um die Burg wurden
terrestrische Passpunkte bestimmt. Die Bestimmung von
photogrammetrischen Passpunkten (natürliche Passpunkte) an der
Burgfassade erfolgte durch Vorwärtsschnitt von geeigneten
terr. Passpunkten aus.
Die Réseauaufnahmen wurden nach der Entwicklung mit dem photogrammetrischen
Scanner PhotoScan 2001 (Fa. Z/I-Imaging) mit 7µm digitalisiert.
Nach Wiederherstellung der absoluten Orientierung der Bilder zum
Zeitpunkt der Aufnahme, wurde mit dem Programmsystem PHIDIAS©
(Fa. PHOCAD GmbH) die Konstruktion der Aussenhülle der Burg Rosslau
durchgeführt. Dabei standen Fenster- und Türoffnungen,
Schornsteine, First- und Traufkanten im Vordergrund (s. Bild 2).
Die Fassade wurde mit einer grobmaschigen Dreiecksvermaschung
approximiert (Bild 3).
![]() |
![]() |
Bild 2. Hofbereich | Bild 3. Südbereich |
Eine Abschätzung der erzielten Genauigkeit ist nur schlecht möglich, da mehrere Faktoren eine Rolle spielen. Die höchste Genauigkeit wurde bei der Bestimmung der Fensteraussenkanten erzielt, im Vergleich zu einem Handaufmaß betrug die Differenz ca. 2 cm. Im Bereich der Wandflächen waren weitere Homogenisierungen notwendigt. Hier werden Abweichungen zwischen 5-10cm (Rauputz/Naturstein) erwartet. Die geringste Genauigkeit ist im Bereich der Dachflächen zu erwarten, da hier durch schleifende Schnitte und die große Aufnahmeentfernung Beeinträchtigungen auftreten. Generell liegt die Genauigkeit bei der Auswertung des Innenhofes höher als im Aussenbereich, da kürzere Aufnahmeentfernungen vorliegen.
Nach der photogrammetrischen Mehrbildauswertung wurde das erhaltene Drahtmodell (Bild 4) nach AutoCAD (Fa. AutoDesk) übertragen, weiter bearbeitet und in ein Volumenkörpermodell gewandelt. Dieses ist für die weitere Zielstellung wesentlich besser geeignet als das Drahtgittermodell.
![]() |
![]() |
Bild 4. Drahtmodell | Bild 5. Volumenkörpermodell |
Für die Darstellung wurden die Fenster, wie in Bild 6 gezeigt, modelliert. Die Regenfallrohre (Bild 7) und Dachrinnen haben für die weitere Zielstellung keine vorrangige Bedeutung. Sie dienen nur der realistischeren Darstellung des 3D-Computermodells.
![]() |
![]() |
Bild 6. Fensterkonstruktion | Bild 7. Regenfallrohr |
Die nachfolgenden Abbildungen geben einen Eindruck vom Konstruktionsumfang der Wasserburg Rosslau. Sie zeigen 3D-Volumenmodelle, teiltexturuierte Modelle sowie volltexturierte photorealistische Ansichten. Mit Hilfe des Programms 3D-StudioMax (Fa. Descreet) wurde das Volumenmodell texturiert und für die Präsentation aufgearbeitet.
![]() |
![]() |
Bild 8. CAD-Modell, Ansicht Süd | Bild 9. CAD-Modell, Ansicht Ost |
![]() |
![]() |
Bild 10. teiltexturiertes Modell, Ost | Bild 11. teiltexturiertes Modell, Süd |
![]() |
![]() |
Bild 12. Stallgebäude (Volumenmodell) | Bild 13. Bild 12 mit Textur |
![]() |
![]() |
Bild 14. Innenhof, Süd-Ost | Bild 15. Bild 14 mit Textur |
![]() |
![]() |
Bild 16. Innenhof, Nord | Bild 17. Bild 16 mit Textur |
![]() |
![]() |
Bild 18. Innenhof, Ost | Bild 19. Bild 18 mit Textur |
Momentan wird durch einen Diplomand (Diplomthema Nr.14) untersucht, die zum überwiegenden Teil schiefwinkligen Innenräume möglichst effektiv zu vermessen bzw. zu konstruieren. Die Ergebnisse sollen in eine erste statitische Berechnung, die der Förderverein für Restaurationszwecke dringend benötigt, einfliessen. Sie werden im ersten Quartal 2004 erwartet.
Die Ableitung von Grundriss- bzw. Schnittzeichnungen geschieht auf Vorgabe des Fördervereins der Wasserburg Rosslau. Zu diesem Zweck wurde das CAD-Modell der Burg in entsprechende Segmente unterteilt. Das ist erforlderlich, da die Decken- bzw. Fussbodenhöhen in jedem Burgabschnitt eine unterschiedliche Höhe aufweisen. Für jedes der Segmente werden Ansichten mit den jeweiligen Schnittebenen und die daraus folgenden Grundrisszeichnungen aus dem CAD-Modell abgeleitet. In Bild 20 ist eine Ansicht mit Schnitteben, in Bild 21 eine der dazugehörigen Grundrisszeichnung dargestellt.
![]() |
![]() |
Bild 20. Südansicht mit Schnittebenen | Bild 21. Grundriss A-A |
weiterführende Links:
Geschicht der Burg
Rosslau